Worum ging es?
Es ging um angeklagte Straftaten vom 2.02.2012 bis 2014
Das Gericht wortwörtlich zu den Beschuldigungen:
(…)
…..nämlich auf betrügerische Weise veranlasst zu haben, dass ihm die im Folgenden genannten Geldsummen zum Schaden der im Folgenden genannten Personen oder Betriebe übermittelt werden als Zahlung für vermeintliche Flexcom-Lizenzen und/oder für vermeintliche Upgrades von Flexcom-Lizenzen und/oder für Demo-Bezahlterminals von Flexcom und/oder für in Anspruch ge-nommene Ausbildungen und Erörterungen, und anderem durch arglistige Handlungen wie
– Powerpoints und Erörterungen über das Konzept und Geschäftsmodell von Flexcom, in denen auf lügnerische Weise die erfolgreiche Lancierung von Flexcom in der Türkei mitgeteilt wurde, in denen potentielle, jedoch unrealistische Verdienste für die Teilnehmer in Aussicht gestellt wurden, in denen Verbindungen mit zuverlässigen internationalen Unternehmen wie KPMG, Amazon, Groupon, Ebay und Bongo suggeriert wurden (Beweisstücke 41 + 42 der Zivilparteien + Beweis-stück 431 der Strafakte + Beweisstück 552 der Strafakte),
– allgemeine Bedingungen für die Koordinatoren/Vertreter (Beweisstück 45 der Zivilparteien),
– Flexcom-Lizenzen, die den betroffenen Personen das Recht gewähren, für Flexcom zu arbeiten (Beweisstück 43 der Zivilparteien),
– allgemeine Versammlungen unter anderem in München und Antalya, wo das Konzept und Ge-schäftsmodell erläutert wird und wo auf lügnerische Weise über den Erfolg und die Wachstumser-wartungen und die zu erwartenden Gewinne für die Teilnehmer kommuniziert wird (Beweisstück 44 der Zivilparteien),……
…
Aus den Erklärungen der Geschädigten und der Erklärung von …… sowie den Feststellungen der Protokollanten geht hervor, dass FLEXCOM (angeblich) für Ladenbetreiber und Kleinunter-nehmen ein System entwickelte, um ihren Kunden über Treuekarten (eine Art Kundenkarten) einen Rabatt anzubieten. Mit diesen Karten konnte „Flexmoney“ gespart werden (ein Rabatt, der durch den Ladenbetreiber auf den Kaufpreis gewährt wurde); der Kunde konnte diese gesparte Summe dann bei anderen angeschlossenen Läden ausgeben. FLEXCOM beschaffte auch Apparate zur Verwendung als Bezahlterminals (die so genannten POS-Geräte, „Points of Sales“), die bei den Ladenbetreibern installiert und mit denen die Zahlungen und Rabatte abgewickelt werden sollten. Von diesem POS-Gerät wurden verschiedene Versionen produziert (von „POS 1“ bis „POS 5“), und später wurde dieses Gerät durch eine Art Tablet ersetzt. Der Betrag des gewährten Rabatts (z.B. 5% auf den Kaufpreis) sollte seitens des Ladenbetreibers an FLEXCOM gezahlt werden. FLEXCOM wollte die Erträge dann aufgrund einer bestimmten Struktur unter den Agen-ten/Mitgliedern verteilen, wobei die Agenten umso höhere Vergütungen bekommen sollten, je höher sie auf der Vergütungsleiter standen. Um in der Struktur steigen zu können, musste man neue Mitglieder anwerben. Die Vergütungen sollten über eine Art Website mit der Bezeichnung „Back-office“ gezahlt werden, die pro Agent, was dessen Recht auf Vergütungen betraf, auf dem neues-ten Stand gehalten werden sollte.
Aus den Erklärungen der Geschädigten und den Feststellungen in der Strafakte geht hervor, dass die Geschädigten dazu verleitet wurden, sich am System zu beteiligen (durch den Kauf von Lizen-zen und Geräten) und sich danach dafür einzusetzen, Ladenbetreiber oder andere Agenten anzu-werben, nachdem sie Meetings besucht hatten, die durch den ersten, zweiten und dritten Beklag-ten organisiert und abgehalten worden waren und in denen Erfolgsgeschichten aufgetischt (dar-über, wie das System funktionierte, hauptsächlich in der Türkei) und große Gewinne vorgegaukelt worden waren (anhand von Powerpoint-Präsentationen).Danach stellte sich jedoch heraus, und hierin sind alle Erklärungen gleichlautend, dass das Sys-tem zahlreiche Mängel aufwies, wodurch es überhaupt nicht funktionierte. Anstatt die angeschlos-senen Agenten hierüber zu informieren, wurde ihnen versprochen, dass die Probleme gelöst wür-den und dass das System bald gestartet würde, und/oder es wurden jeweils neue Systeme (POS-Terminals, Apps, ………..) vorgeschlagen, die die vorherigen ersetzen sollten, wofür auch jedes Mal gezahlt werden musste und (kostenpflichtige) Kurse absolviert werden mussten.
Folgende Probleme traten auf:
– Die POS-Geräte (einschließlich der so genannten VIP-Lizenz (deren Preis mehr als 2.000 Euro betrug)) wurden oft nicht geliefert.
– Wenn die POS-Geräte doch geliefert wurden (nach wiederholtem Drängen), funktionierten sie nicht. Alle Geschädigten sind sich darüber einig, und dies wird auch durch ….. bstätigt, dass das Gerät zwar ein- und ausgeschaltet werden konnte, dass aber keine Trans-aktionen damit möglich waren. Es handelt sich um so genannte Demonstrationsversionen.
– Die POS-Geräte wurden, noch bevor sie jemals funktioniert hatten, regelmäßig im Modell und Typ geändert und später auch durch eine Art „Tablet“ mit einer App ersetzt. Hierfür mussten die Agenten jedes Mal neu zahlen.
– Die betroffenen Agenten, die für Provisionen in Frage kamen, erhielten diese nicht oder erst nach häufigem Drängen und zahlreichen Mails später. Es wurde dann nur ein kleiner Betrag ausgezahlt.
– Im Laufe der Jahre wurde den Agenten klar (und dies wurde auch durch …. in der Sitzung bestätigt), dass FLEXCOM keine Banklizenz bekommen würde, wodurch die POS-Geräte auch niemals benutzt werden könnten.
– Da es kein funktionierendes Endprodukt gab, war das System (insbesondere die Erzielung von Einnahmen seitens der Mitglieder) vollständig von der Anwerbung neuer Agenten/Mitglieder abhängig, die ihrerseits Lizenzen und POS-Geräte kauften.
Nachdem den Zivilparteien und Geschädigten schließlich klar geworden war, dass das System nicht funktionierte und dass es auch in nächster Zukunft und auch im Ausland nicht funktionieren würde, stellten sie ihre Tätigkeiten ein (insbesondere den Versuch, ein Netzwerk aufzubauen, um das System an den Mann zu bringen) und reichten letztendlich Klage ein.
….
Merkwürdig ist, dass der Beklagte einerseits nachweisen will, dass das Produkt in der Türkei ein großer Erfolg war und also in jedem Falle funktionierte (durch Verweis auf einen kleinen Film auf Youtube), und andererseits vorträgt, dass FLEXCOM auf dem Gebiet der Software hohe Investitionen getätigt und große Anstrengungen unternommen habe, um (in Belgien) eine Banklizenz zu bekommen (was impliziert, dass das Produkt softwaremäßig nicht funktionierte und ebenso wenig rechtsgültig genutzt werden konnte).
Dass dies jetzt immer noch nicht der Fall ist, geht aus dem eigenen Beweisstück 2bis des Beklagten hervor. Der Notar stellt fest, dass die Flexcard nur in der Wee-Arena genutzt werden kann; es ist nicht möglich, Cashback-Punkte einzutauschen, und auf alle Fälle nicht außerhalb der Arena in Bad Tölz. Auch kann man außerhalb der wee-Arena noch nicht mit der weeArenaCard zahlen. Dass das System derzeit in Süddeutschland in Betrieb sei, wie in der Sitzung behauptet wird, wird durch die eigenen Beweisstücke des Beklagten
(…)
Wertung
Das Verfahren endete in erster Instanz mit einer straf- und zivilrechtlichen Verurteilung der Angeklagten.
Zweitinstanzlich wurde einer der Hauptbeschuldigen, der in Starnberg lebt, freigesprochen. Es gelang ihm nachzuweisen, dass vermeintlich in der Türkei und in Belgien sowie den Niederlanden ausreichend Cash-Back Transaktionen durchgeführt wurden. Es ist allerdings nicht belegt, dass das System jemals dauerhaft in Marktplatz Europas funktioniert hat. Als Beweis für eine ordentliche Funktion der wee-Technologie wurde ein Gutachten zum Projekt wee-Arena Bad Tölz erstellt und dem Gericht vorgelegt. Dieses notarielle Gutachten darf getrost angezweifelt werden: Denn mit der wee-Karte oder der wee-App konnte man zwar zeitweise in der Arena konsumieren bzw. Karte oder App als Ticket nutzen, die Vernetzung mit dem Einzelhandel war allerdings so gut wie nie gewährleistet. Es war demnach nicht möglich, mit dem gesammelten Cashback in irgendeinem europäischen stationären Einzelhandelsgeschäft einkaufen zu können. Insgesamt wurde seitens der Schweizer wee-Gesellschaft Cashback-Guthaben im siebenstelligen Eurobereich eingesammelt und vermeintlich verwaltet. Dies hätte treuhänderisch passieren müssen. Im Kontext der Insolvenz sind auch diese Gelder verschwunden. In den Unterlagen des Konkursamts Thurgau sind keine relevanten Informationen hierzu hinterlegt.